Über Reitlehrer

 

 

In Ihrem Umkreis von ein paar Kilometern werden Sie einige Reitlehrer finden.

Die Auswahl ist also da. Es gibt, grob gesprochen, folgende Typen:

 

Der Anerkannte

- gibt seit ein paar Jahrzehnten Unterricht und überregional Kurse, teils auch in

  Spezialgebieten.

- zeigt oder hat sich auf Turnieren gezeigt und neben einer soliden reiterlichen

  auch einen zurückhaltenden und menschlich überzeugenden Eindruck hinterlassen

- hat ein allgemein anerkanntes Buch veröffentlicht oder hat sich

  in der „Reitwelt“ sonst wie eingebracht.

- hat nie einen neuen Reitstil propagiert.

- benennt offen die Schwächen und Stärken einer Pferderasse, lehnt aber keine ab.

- handelt so, wie er spricht

- ist zurückhaltend aber ergreift das Wort, wenn es „um die Sache“ geht.

- ist bekannt für ein offenes Wort, stellt sich gelegentlich gegen den Mainstream.

- sein Unterricht ist in keiner Weise billig.

Mein Urteil: 6 Richtige im reiterlichem Lotto.

 

Der Ehrliche

- müht sich im Reitverein seit Jahren, unterrichtet und fördert auch „schwere Fälle“.

- hat sein eigenes, nicht immer talentiertes Pferd für dessen Verhältnisse weit gebracht.

- hat mehrere Reiter bis zu einem Niveau gebracht, welches er selbst unterrichtet.

- gibt zu, dass sein reiterliches Wissen ab einer bestimmten Grenze nicht mehr unterrichtstauglich ist.

- sagt auch mal: das weiß ich nicht.

- handelt so, wie er redet

- verteidigt die klassische Lehre auch gegen Stallgurus.

Mein Urteil: Wechsel gut überlegen. Nur wechseln, wenn das Fachwissen am Ende angelangt ist.

 

Der ehrlich Begabte

- hat nie eine reiterliche Berufsausbildung abgeschlossen oder irgendeine Lizenz erworben.

- gibt mit seinen Pferden beim Reiten ein harmonisches Bild ab.

- hält nicht viel von Dogmen.

- ist bescheiden und überschätzt sich nicht.

- kennt bzw. reitet kein Renvers aber führt sein nicht manipuliertes Pferd ruhig durch den Straßenverkehr.

Mein Urteil: Wenn Sie das gleiche wollen, erste Wahl.

 

Der anerkannte FNler

- hat von der Pike auf „im System“ gelernt.

- hat etliche Turniererfolge.

- kennt die neusten Richtlinien auswendig.

- hat viele Reitschüler zu Turniererfolgen geführt.

- Berittpferde werden gefordert, aber nicht mal schnell turnierfertig gemacht.

- bildet sein Pferd langsam und mit System aus

- ist mit der FN nicht immer konformen. Nichtreiterliche Richtlinien werden auf Sinnhaftigkeit geprüft.

- hält sich i.d.R. an die vorgeschriebene Länge von Gerte und Sporen sowie an die Stärke des Gebisses,

  lässt aber sinnvolle Ausnahmen zu.

- hat genügend Berufserfahrung.

- hält ein Pferd nicht für Material oder ein Sportgerät. 

- sein Unterricht ist in keiner Weise billig.

Mein Urteil: Oft gute Fachleute, wenn sich Reden und Handeln nicht als „man macht das eben so“ erweisen.

 

Der stramme FNler

- wie die ersten vier Punkte bei anerkannten FNler.

- ist bekannt dafür, dass er junge Ausbildungspferde ganz schnell und relativ preiswert auf L- Niveau bringt.

- lässt jeden wissen, dass er eine „richtige“ Ausbildung hat.

- hält Kraft beim Reiten für unausweichlich.

- hält Hengste höchstens noch für die Zucht tauglich.

- hält Nichtwarmblutrassen maximal was für Kinder oder VFDler.

- redet viel von Materialpferden und sportlichen Erfolgen.

Mein Urteil: Für den verbissenen Turnierreiter nützlich, ansonsten geht es reiterlich rückwärts.

 

Das Jungstarwunder

- hat nie nachweislich etwas geleistet. Ausbildungs- und Turniererfolge werden aber fleißig verbreitet.

- ist stets fesch gekleidet.

- hat Werbematerial vom Feinsten.

- ist jedermanns Liebling.

- nennt als Ausbilder für sich selbst große Ausbilder, die meist sehr weit weg wohnen.

- wechselt häufig die Wirkungsstätte/den Stall.

- hat schon etwas ganz Neues erfunden.

- bringt im Unterricht oft und bei verschiedenen Reitern immer die gleichen Worthülsen, erklärt diese aber

  bezüglich Sinn und Zweckdienlichkeit nie oder äußerst allgemein.

Mein Urteil: Geld für Leckerlis sparen und  statt Unterricht ab ins Gelände.

 

Der Schüler von...

- hat einiges von dem Jungstarwunder.

- kommt in große Verlegenheit, wenn Sie vorgeben, den Lehrer vom „Schüler von..“ auch zu kennen

   oder mal einen Kurs bei diesen belegen zu wollen.

- benutzt die selben Wortstellungen und Worte wie der „Meister“.

- kleidet sich auffällig ähnlich wie „Der Meister“.

- versteht viel von Werbung und Marketing.

- kommt in große Verlegenheit, wenn Problempferde auftauchen.

Mein Urteil: Nur sehr bedingt geeignet.

 

Der Lizenzierte

        - hat eine Lizenz, dass er irgendeinen Reitstil propagieren darf.

        - scheut keine Kamera, keinen Reporter.

   - hält diesen Reitstil natürlich für das Non plus Ultra.

   - vertreibt nebenbei eine Menge “nützlicher Dinge“ für eben diesen Reitstil.

   - macht aus simplen Gerten irgendwas leicht verändertes mit ausländischem Namen.

        - erledigt Dinge in 15 Minuten, die andere Reitlehrer nur in Tagen, Wochen oder gar Monaten lösen können.

        - macht aus simplen Pferdegesten „magische Momente“.

   - muss einiges an Lizenzgebühren zahlen, daher im Unterricht teuer.

Mein Urteil: Nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Keine Chance, Umgang mit Pferden und Reiten zu lernen.

 

Der Nette

- ist allseits beliebt.

- hat für alles Verständnis.

- ist häufig in der Vereins/Verbandsführung zu finden.

- hat „früher mal“ ganz gut geritten.

- reitet jetzt nicht mehr so viel, oder nur so zum Spaß.

- hat mal einen Kurs bei irgendjemanden besucht.

- hält Steinbrecht für einen deutschen Politiker, Pluvinel für ein französisches Gewürz.

- nimmt wenig Geld für den Unterricht

Mein Urteil: Das wenige Geld sparen.

 

 

Diese o.a. Reitlehrertypen, gemeint sind auch Reitlehrerinnen, sind natürlich plakativ dargestellt.

Es gibt auch Mischformen.

Einen recht ordentlichen Anhaltspunkt bei der Reitlehrerauswahl geben sie aber allemal.

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Um zumindest die fachliche Qualifikation und die Ehrlichkeit des „Zukünftigen“ abzuklären,

geben die folgenden Fragen auf jeden Fall hundertprozentige Klarheit.

Stelle Sie einige Fragen vor oder in der ersten Reitstunde.

Werden diese Fragen, die lediglich Basiswissen beinhalten, nur einmal falsch beantwortet,

verschwenden Sie für den Unterricht Zeit und Geld und reiten Ihr Pferd rückwärts.

 

1. Was sind eigentlich die Grundlagen für Lektionen, wie z.B. starker Trab, Piaffe oder auch Kompliment

    Antwort: Diese, wie fast alle Lektionen entstehen aus dem natürlichem Kampf/Imponiergehabe eines

                   Hengstes. Eine Stute und logischer Weise auch ein Wallach würden diese niemals zeigen.

 

2. Komme ich reiterlich mit einer Stute und einem Wallach genauso schnell und unter Bewahrung

    der Gesundheit meines Pferdes voran?

    Antwort:    Nein, es wäre genauso, als verlange man von einer Frau die gleichen körperlichen Leistungen

                     wie von einem Mann.

                     Ein Wallach hat weniger Muskulatur und hat es daher schwerer bzw. neigt mehr zu Verletzungen.

                     Ein Wallach lernt langsamer (Der Landwirt sagt, wenn jemand tölpelig ist: So ein Ochse, nicht

                     so ein Stier!)

                     Sämtliche Reitliteratur der alten Meister beruhte auf der Natur und Leistungsfähigkeit eines

                     Hengstes!

 

3. Gibt es beim Leichttraben einen richtigen und einen falschen Fuß?

    Antwort:  Nein. Beides kann sinnvoll sein.

                   Der so genannte richtige Fuß entlastet das Pferd.

                   Der so genannte falsche Fuß (Hinterfuß) kräftigt das Pferd (zur gegebenen Zeit!), da das

                   Reitergewicht bei Biegungen mit hochgehoben werden muß.

                   Bei sämtlichen Seitengängen ist es nur sinnvoll, den jeweils abfußenden Hinterhuf zu treiben.

                   Das ist folglich der so genannte Falsche Fuß.

                   Außerdem muss der Reiter sich fragen, welche Seite der Rückenmuskulatur bei Biegungen

                   be- bzw. entlastet werden soll.

 

4. Muss ein Reiter sich die Sporen verdienen?

    Antwort:  Nein, ein Reitlehrer verdient sein Geld durch Leistung, nicht dadurch, dass er am Schüler
                   möglichst viel und lange verdient hat.

                   Fachlich gesehen hängt die Beantwortung der Frage zum einen vom Pferd ab

                   und zum anderen davon, ob der Reiter seine Füße einigermaßen unter Kontrolle hat.

     Wichtig:  Feinmotorik erhalten, Grobmotorik (Klammern, Hacken hoch, „Bolzen“) unterbinden.

                   Ein guter Sitz kann erst aus einem lockerem Fuß/Bein entstehen.
                   Ein gepresstes Bein und ein lockeres Becken sowie Gleichgewicht sind anatomisch nicht möglich.     

 

5. Darf ich erst in einem sehr fortgeschritten Stadium mit einer Kandare reiten?

    Antwort: Nein. Zum feinen Reiten gehören Trense und Kandare. Beide erfüllen unterschiedliche, sich nicht

                   gegenseitig ersetzende Funktionen.

                   Ein lockerer Sitz und minimale Einwirkung aufs Pferd ist nur möglich, wenn der Reiter nicht

                   ständig vom Pferd über den Zügel rausgehebelt wird oder stark gegenhalten muss.

                   (Entstehung des Stuhlsitzes)

     Wichtig:  Die endgültige Entscheidung der Zäumung richtet sich u.a. nach der jeweiligen

                    Voraussetzung beim Pferd, der Problematik beim Pferd, dem Übungsziel

                    und der Voraussetzung beim Reiter.

 

6. Darf ich mit Kandare und Sporen erst reiten, wenn ich es kann?

    Antwort: Kein Reiter hat es je gekonnt. Auch Sie werden es nur können, wenn Sie es üben.

 

7. Kann ich bei Ihnen bestimmte Lektionen üben?

    Antwort: Haben Sie ein fortgeschrittenes Pferd o.k. Ansonsten müssen wir erst gewährleisten,
                  dass die Voraussetzungen gegeben sind.

 

8. Kann ich mit allen Pferden/Ponys alles Reiten?

    Antwort: Nein, es gibt Begrenzungen, wie z.B. Rasse, Geschlecht, Alter.

                  Jedes Pferd kann aber gefördert werden und i.d.R. mehr, als der Besitzer denkt.

 

9. Können Sie mir Tipps geben, wie ich schnell vorankomme?

    Antwort:  Ja und nein. Es gibt Punkte, wie z.B. Ausrüstung, das „Drumherum“, das Erkennen des Pferdes,

                    gesundheitliche Aspekte, die sehr schnell Erfolge bringen.

                    Punkte wie z.B.  reiterliches Geschick, Erfahrungen, sowie beim Pferd Gymnastizierung und

                    Kraftaufbau brauchen unabdingbar Zeit.

 

10. Ich habe im Fernsehen gesehen bzw. in einer Zeitschrift gelesen, daß einige Pferdeflüsterer

     in 15 Minuten Probleme lösen und Vertrauen aufbauen. Können Sie das auch?

     Antwort: Nein, Vertrauen braucht Zeit, Körperliche Leistungsfähigkeit braucht Zeit

 

 

Bedenken Sie bitte,

dass Reitlehrer auch nur Menschen sind.

Kein Mensch kann alles wissen und ist immer in Topform.

Ein  „dass weiß ich nicht“ oder „da müssen wir einen Tierarzt, Ostheopaten, Hufschmied pp. zu Rate  

ziehen“ spricht meist für Ehrlichkeit und richtige Selbsteinschätzung.

Fachliche Inkompetenzen in Basisfragen hingegen sind nicht hinnehmbar.

Nicht nur, dass Sie umsonst Geld ausgeben, Sie schaden Ihrem Pferd.

Eine Korrektur an Reiter und Pferd kostet letztendlich ein Vielfaches!

Meiden Sie „Schönredner“, „Everybodys Darlings“ und „Neuerfinder“!